1.1 Der Arbeitsmarkt 2023
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Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland wurde im Jahr 2023 durch hohe Inflation, steigende Zinsen sowie eine schwache Auslandsnachfrage gedämpft. Das reale Bruttoinlandsprodukt ist 2023 nach aktuellen Schätzungen der Deutschen Bundesbank kalenderbereinigt um 0,1 Prozent leicht gesunken. Die Auswirkungen der schwachen Konjunktur waren auch auf dem Arbeitsmarkt erkennbar.
Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat nur noch leicht zugenommen
Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung haben in den Jahreswerten etwas zugenommen. Nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes stieg die Erwerbstätigkeit im Jahresdurchschnitt 2023 um 333.000 auf 45,93 Millionen an. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat nach Angaben der Statistik der Bundesagentur für Arbeit von Juni 2022 auf Juni 2023 um 264.000 auf 34,71 Millionen zugenommen (+1 Prozent). Der Anstieg fällt damit deutlich geringer aus als im Vorjahr und geht ausschließlich auf ein Plus bei der Beschäftigung von Ausländern zurück.
Kurzarbeit auf einem im langjährigen Vergleich moderaten Niveau
Der Arbeitsmarkt wurde auch 2023 durch den Einsatz von Kurzarbeit gestützt, die Inanspruchnahme hat aber im Vergleich zu 2022 abgenommen, im Vergleich zu den von der Corona-Krise stark beeinträchtigten Jahren 2020 und 2021 sogar sehr stark. Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit schätzt die jahresdurchschnittliche Kurzarbeiterzahl 2023 (inklusive Saison- und Transferkurzarbeitergeld) insgesamt auf rund 220.000, nach 426.000 im Jahr 2022.
Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vor dem Hintergrund einer schwachen Konjunktur gestiegen
Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind 2023 jahresdurchschnittlich deutlich gestiegen. So erhöhte sich die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um 191.000 auf 2.609.000 Menschen (+8 Prozent). Die Unterbeschäftigung, die z.B. Personen in Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik und in kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit mitzählt, nahm gegenüber 2022 um 264.000 auf 3.449.000 zu. Dabei beruhen die Anstiege besonders auf der schwachen Wirtschaftsentwicklung, wodurch es für Arbeitslose schwieriger war, eine neue Stelle zu finden. Die Betreuung ukrainischer Geflüchteter durch die Jobcenter hingegen spielt für die Zunahme nur eine geringe Rolle.
Arbeitskräftenachfrage hat nachgelassen
Die gemeldete Nachfrage nach neuen Mitarbeitern wurde bereits ab der zweiten Jahreshälfte 2022 spürbar schwächer. Dieser Trend setzte sich 2023 fort. Dennoch ist der Kräftebedarf im langjährigen Vergleich weiterhin hoch. Mit einem jahresdurchschnittlichen Bestand von 761.000 gemeldeten Arbeitsstellen lag die Arbeitskräftenachfrage 2023 um 84.000 niedriger als im Jahr 2022 (-10 Prozent). Auch die Stellenzugänge, die ein besserer Indikator für die aktuelle Einstellungsbereitschaft der Betriebe sind, gingen aufgrund der schwachen Konjunktur zurück. In Summe wurden 2023 mit 1.633.000 Stellen 251.000 weniger gemeldet als 2022 (-13 Prozent).
Stand: März 2024
1.2 Der Arbeitsmarkt für Akademikerinnen und Akademiker
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Der Arbeitsmarkt für Akademikerinnen und Akademiker hatte sich 2022 besser als der Arbeitsmarkt insgesamt von den Auswirkungen der Corona-Pandemie erholt. 2023 wirkten sich Ukrainekrise, Energiekrise und gestiegene Inflation auf den Akademikerarbeitsmarkt in Bezug auf Beschäftigung und Stellenangebot eher moderat aus. Die Arbeitslosigkeit ist jedoch überdurchschnittlich gestiegen.
Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung steigt, aber geringer als in den Vorjahren
Der kontinuierliche Beschäftigungsaufbau der letzten Jahre hat sich auch 2023 fortgesetzt, allerdings geringer als in den Vorjahren. So nahm die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit einem akademischen Abschluss um 162.000 auf 6,8 Millionen zu (+2 Prozent).1 Vor allem Informatikberufe und wirtschaftswissenschaftliche Berufe haben zum Beschäftigungsplus beigetragen. Auch Werbung, Marketing und Mediengestaltung sowie die Psychologie weisen überdurchschnittliche Zuwächse auf.
Arbeitskräftenachfrage lässt moderat nach
Vor dem Hintergrund der schwachen Konjunktur gingen im Jahresverlauf 2023 leicht weniger Meldungen von Stellenangeboten mit hochkomplexen Anforderungen als im Vorjahreszeitraum ein. Der Rückgang fiel mit minus 1 Prozent aber deutlich geringer aus als bei der Nachfrage über alle Berufe (-13 Prozent). Die gemeldete Nachfrage nach Expertinnen und Experten lag damit nur etwas unter dem Allzeithoch vom Vorjahr. Der durchschnittliche Stellenbestand sank um 1.000 auf 77.000. In vielen akademisch geprägten Berufen traten laut Engpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit Engpässe bei der Stellenbesetzung auf.
Arbeitslosigkeit von Hochqualifizierten deutlicher gestiegen als Arbeitslosigkeit insgesamt
Im Zuge der wirtschaftlichen Erholung nach den Pandemiejahren war die Arbeitslosenzahl von Personen mit akademischem Abschluss 2022 bis auf 205.000 zurückgegangen. 2023 war wieder ein Anstieg der Arbeitslosenzahlen auf 243.000 zu verzeichnen. Die Zunahme fiel mit 19 Prozent deutlicher aus als die Arbeitslosigkeit insgesamt, die um 8 Prozent gestiegen war. Die Arbeitslosenquote für Hochqualifizierte stieg zwar ebenfalls, entspricht aber mit 2,5 Prozent weiter Vollbeschäftigungsniveau.
Studierendenzahl weiter auf sehr hohem Niveau
Im Wintersemester 2023/24 waren 2,9 Millionen Menschen in einen Studiengang eingeschrieben, 2 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Berufseinsteigerinnen und -einsteiger dürfte in den nächsten Jahren zwar leicht zurückgehen, insgesamt aber auf einem hohen Niveau bleiben.
Gute Chancen
Trotz der bestehenden Unsicherheiten dürfte der Arbeitsmarkt jungen Hochschulabsolventinnen und -absolventen im Allgemeinen gute Chancen auf einen erfolgreichen Start ins Erwerbsleben bieten. Allerdings verläuft der Berufseinstieg auch bei guter Marktlage nicht immer problemlos. Schwierigkeiten bereitet häufig, dass Arbeitgeber Berufserfahrung erwarten. Vor allem in den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften, in Medienberufen oder in den Naturwissenschaften sind außerdem nur wenig einschlägige Stellen zu besetzen. Nach einer gewissen Suchphase gelingt der Einstieg ins Erwerbsleben aber in der Regel auch hier, wenngleich die Beschäftigung nicht immer studienadäquat erfolgt.
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1 In den Angaben zu sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit Fach- und Hochschulabschluss sind geschätzte Angaben für Personen einbezogen, für die keine Angaben zum Berufsabschluss vorliegen.
Stand: März 2024
1.3 Erwerbstätigkeit
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Ein Viertel der Erwerbstätigen hat einen akademischen Abschluss
Fast 11 Millionen Erwerbstätige verfügten nach letzten Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2023 über einen akademischen Abschluss.1 Damit hatte jede/-r vierte Erwerbstätige an einer Universität, Fachhochschule oder einer Berufsakademie studiert. Die Zahl erwerbstätiger Akademikerinnen und Akademiker ist in den letzten Jahren kräftig gewachsen: seit 2013 um fast 3 Millionen oder ein Drittel (Abbildung 1.3 – 1). Der Akademikeranteil kletterte in diesem Zeitraum um 7 Prozentpunkte. Dies spiegelt den fortschreitenden Strukturwandel hin zu einer wissensgeprägten Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft wider.
Abbildung 1.3 - 1
Zahl der Erwerbstätigen mit akademischen Abschlüssen auf über 10 Millionen gestiegen
Erwerbstätige mit (Fach-)Hochschulabschluss in Millionen
Unterschiedliche Erwerbsformen in akademischen Berufen
Der Großteil der erwerbstätigen Akademikerinnen und Akademiker (74 Prozent) übt eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus (vgl. Kapitel 1.5). Außerdem sind in akademischen Berufen Selbständigkeit (12 Prozent) und Beamtenstatus (14 Prozent) von Bedeutung.
Die Tätigkeitsfelder Wirtschaftswissenschaften, Lehrtätigkeiten, Ingenieurwesen, Informatik sowie Medizin und Pharmazie bilden die größten akademischen Berufsgruppen (Abbildung 1.3 – 2). Fast 60 Prozent der Akademikerinnen und Akademiker gehören einer dieser Berufsgruppen an.
Abbildung 1.3 - 2
Wirtschaft, Lehre, Ingenieurwesen, Informatik und Medizin sind die großen Tätigkeitsfelder für Akademikerinnen und Akademiker
Erwerbstätige Experten/-innen nach ausgeübten Berufen
2023
In vielen Berufsgruppen dominiert das Angestelltenverhältnis. Besonders groß ist der Anteil der Angestellten in der Informatik, der Sozialpädagogik, im technischen Ingenieurwesen und in den Naturwissenschaftlen. Aber auch in den geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Berufen, in der Pharmazie, im Bauingenieurwesen oder in den Wirtschaftswissenschaften wird häufig im Angestelltenverhältnis gearbeitet (Abbildung 1.3 – 3).
Selbständigkeit und Verbeamtungen kommt eine sehr unterschiedliche Bedeutung zu – eine Tatsache, die unter Umständen schon bei der Wahl des Studienfachs berücksichtigt werden kann.
Unter den in Psychologie, Rechtswissenschaften, Medizin, Architektur, Mediengestaltung oder Publizistik Erwerbstätigen ist der Anteil Selbständiger überdurchschnittlich hoch.
Abbildung 1.3 - 3
Das Angestelltenverhältnis dominiert in vielen Berufsgruppen
Anteile der Erwerbsformen an der jeweiligen Berufsgruppierung (jeweils Experten/-innen)
2023
Verbeamtungen gibt es in großen Umfang nur in Verwaltungsberufen, in Archiven und Bibliotheken sowie in den Bildungsberufen, namentlich bei den Lehrämtern. Nennenswert sind darüber hinaus Juristinnen und Juristen, die beispielsweise ein Richteramt bekleiden, in der Staatsanwaltschaft tätig sind oder allgemein in Behörden oder Ministerien arbeiten.
Unter Wirtschaftswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern ist der Beamtenanteil mit 2 Prozent zwar verschwindend gering. Aufgrund der Größe dieser Berufsgruppe ist die absolute Anzahl von 41.000 Beamtinnen und Beamten dennoch erwähnenswert.
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1 Quelle: Statistisches Bundesamt, Erstergebnisse des Mikrozensus 2023. Der Mikrozensus wurde 2020 methodisch neugestaltet. Die Ergebnisse ab dem Berichtsjahr 2020 sind deshalb nur eingeschränkt mit den Vorjahren vergleichbar.
Stand: Juni 2024
1.4 Demografisch bedingter Ersatzbedarf
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Die Zahl der Erwerbstätigen, die heute 55 Jahre oder älter sind, bietet einen Anhaltspunkt dafür, wie viele Personen in den nächsten gut zehn Jahren in den Ruhestand eintreten werden. Knapp jeder vierte Erwerbstätige mit akademischem Abschluss war 2023 mindestens 55 Jahre alt. Insgesamt waren das rund 2,4 Millionen Erwerbstätige. Stellt man das Anforderungsniveau der ausgeübten Tätigkeit in den Vordergrund und vernachlässigt den formalen Abschluss, kommt man auf 2,3 Millionen Ältere und einen Anteil von 25 Prozent an allen Erwerbstätigen mit hochkomplexem Aufgabenprofil. Gleichgültig, welche Betrachtung man zugrunde legt, der Anteil der älteren Akademikerinnen und Akademiker ist in den letzten Jahren gestiegen und dürfte in nächster Zeit weiter zunehmen. Dies liegt im Großen und Ganzen daran, dass die geburtenstarken Jahrgänge das entsprechende Alter erreichen und außerdem Erwerbstätige länger im Berufsleben bleiben.
Der demografisch bedingte Ersatzbedarf fällt in den Berufsgruppen unterschiedlich aus (Abbildung 1.4 – 1). Rund 165.000 Medizinerinnen und Mediziner sowie 132.000 Bauexpertinnen und -experten könnten altersbedingt in den nächsten Jahren aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Das entspricht knapp einem Drittel aller Erwerbstätigen in der jeweiligen Berufsgruppe. Da bereits ein Fachkräftemangel in diesen Berufen beklagt wird, erscheint diese Entwicklung als große Herausforderung. Auch in der Öffentlichen Verwaltung, der Psychologie oder den Rechtswissenschaften ist der Anteil Älterer sehr hoch; allerdings ist die absolute Zahl der Ruhestandseintritte merklich kleiner als bei den erstgenannten großen Berufsgruppen. Anteilig sehr wenig ältere Erwerbstätige finden sich dagegen in Mediengestaltung, Werbung und Marketing sowie in MINT-Berufen, was nicht zuletzt auf die stark gestiegenen Absolventenzahlen der letzten Jahre zurückzuführen sein dürfte.
Ein hoher Anteil älterer Erwerbstätiger muss allerdings nicht automatisch zu einer Mangelsituation führen. Entscheidender dürfte vielmehr die absolute Anzahl im Vergleich zur künftigen Zahl der Absolventinnen und Absolventen sein. Darüber hinaus gibt es viele Einflussfaktoren, deren Auswirkungen heute noch gar nicht absehbar sind. So spielen der Strukturwandel der Wirtschaft, die Digitalisierung, neue Technologien, politische Rahmensetzungen, weltpolitische und weltwirtschaftliche Entwicklungen oder Wanderungsbewegungen eine Rolle.
Abbildung 1.4 - 1
Viele Eintritte in den Ruhestand zu erwarten
Erwerbstätige mit mind. 55 Jahren, Anteile an der jeweiligen Berufsgruppierung (jeweils Experten/-innen)
2022
Das Bundesinstitut für Berufsbildung und das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung kommen in einer Berufsfeld-Projektion1, die bis zum Jahr 2040 reicht, zu dem Ergebnis, dass der Arbeitskräftebedarf in akademischen Berufen – auch bei weiter steigendem Bedarf – im Allgemeinen durchaus gedeckt werden dürfte, weil deutlich mehr Hochqualifizierte neu in den Arbeitsmarkt einsteigen als aus Altersgründen aussteigen. Rekrutierungsschwierigkeiten für Betriebe sieht die Forschung zum Beispiel in IT-Berufen sowie in Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufen. Auch im Baugewerbe und in technischen Berufen scheinen sich die aktuellen Rekrutierungsschwierigkeiten zu verstetigen. Dagegen wird ein gewisser Konkurrenzdruck zum Beispiel in Managementberufen sowie in Berufen in Finanzdienstleistungen, Rechnungswesen und Steuerberatung oder Recht und Verwaltung erwartet. Auch in den Sprach-, Literatur- und Geisteswissenschaften kommt man zu dem Ergebnis, dass sich die Rekrutierungsaussichten für Betriebe verbessern könnten.
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1 Quelle: BIBB Report 3/2022
Stand: Juni 2024
1.5 Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
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Trend zur Akademisierung setzt sich fort
Die Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit weist im Juni 2023 rund 6,8 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss aus (Abbildung 1.5 – 1).1 Gegenüber dem Vorjahr waren das 162.000 mehr. Dies entspricht einem leichten Anstieg von 2 Prozent, nachdem es zwischen 2020 und 2022 – auch während der Corona-Pandemie – ein Wachstum von jährlich 3 bis 4 Prozent gegeben hatte. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung insgesamt hat dagegen 2023 lediglich um 1 Prozent zugenommen. Damit bestätigt auch die Beschäftigungsstatistik: Der Trend zur Akademisierung setzt sich fort.
Abbildung 1.5 - 1
Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Akademikerinnen und Akademiker kontinuierlich gestiegen
Sozialversicherungsfpflichtig beschäftigte Akademiker/-innen* in Millionen
jeweils zum Stichtag 30.6.
Im Verlauf der letzten 21 Jahre hat sich die Zahl der beschäftigten Akademikerinnen und Akademiker mehr als verdoppelt (Abbildung 1.5 – 2).2 Im gleichen Zeitraum stieg die Beschäftigung von Personen mit Berufsabschluss3 um 16 Prozent, die von Beschäftigten ohne formalen Berufsabschluss lag 2023 nach zwischenzeitlichem starken Rückgang 2 Prozent über dem Stand von 2002. Obwohl auch Geringqualifizierte von der guten Arbeitsmarktentwicklung der letzten Jahre profitierten, zeigen sich in dieser unterschiedlichen Entwicklung die große Bedeutung formaler Abschlüsse und die damit verbundenen Chancen.
Abbildung 1.5 - 2
Trend der Akademisierung setzt sich fort
Indizierte Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach Berufsabschluss*
Jahr 2002 = 100, jeweils zum Stichtag 30.6.
Nicht nur die Zahl der „Köpfe“ mit akademischem Abschluss ist gestiegen, sondern auch relativ gesehen haben akademische Qualifikationen an Bedeutung gewonnen: 2023 verfügten 20 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten über einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss. 2002 hatte der Anteil noch bei 12 Prozent gelegen.
Digitalisierung lässt Beschäftigung von IT-Expertinnen und -experten weiter stark wachsen
Der digitale Wandel schlägt sich spürbar in der Berufswelt nieder. So zeigt sich im Vergleich der akademischen Tätigkeitsfelder in IT-Berufen 2023 erneut das größte relative Beschäftigungswachstum. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze für hochqualifizierte IT-Fachkräfte hat gegenüber dem Vorjahr um gut 33.000 oder 8 Prozent zugelegt (Abbildung 1.5 – 3).
Relativ betrachtet gab es ebenfalls hohe Beschäftigungsgewinne in Mediengestaltung, Werbung, Marketing und in der Psychologie. Darüber hinaus verzeichneten auch die Wirtschaftswissenschaften, Medizin und Pharmazie und das Technische Ingenieurwesen einen deutlichen Beschäftigungsaufbau.
In absoluten Zahlen gab es die höchsten Zuwächse an Arbeitsplätzen in Wirtschaftsberufen (+54.700). Neben der Informatik waren hohe Zugewinne auch im Technischen Ingenieurwesen (+18.000) und in Medizin und Pharmazie (+10.500) auszumachen.
Abbildung 1.5 - 3
Größtes prozentuales Wachstum in IT-Berufen, gefolgt von Mediengestaltung und Psychologie
Bestand sozialversicherungspflichtig beschäftigter Experten/-innen
30.6.2023 im Vergleich zum Vorjahr
Frauenanteil gestiegen, aber große Unterschiede zwischen den Berufen
Rund 47 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die 2023 über einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss verfügten, waren Frauen. Damit war der Frauenanteil unter Akademikern leicht höher als bei allen Beschäftigten (46 Prozent). Wird aber nur die Gruppe der Beschäftigten betrachtet, die einer hochqualifizierten Tätigkeit4 nachgingen, waren Frauen mit einem Anteil von 41 Prozent erkennbar unterrepräsentiert. Auffällig sind die großen Unterschiede zwischen den Berufen (Abbildung 1.5 - 4): In der Psychologie oder in sozialen Berufen sind Frauen deutlich in der Mehrzahl, während im technischen Ingenieurwesen unter 100 Personen nur 14 Frauen zu finden sind. Mehr Frauen als Männer gibt es auch unter den Angestellten in geistes-, gesellschaftswissenschaftlichen und publizistischen Berufen, in Medizin und Pharmazie sowie in Verwaltungsberufen und bei Lehrkräften. In Rechtsberufen sowie in Mediengestaltung, Werbung und Marketing sind die Geschlechter nahezu gleichverteilt.
Abbildung 1.5 - 4
Frauenanteil in den Berufsgruppen sehr unterschiedlich
Frauenanteil bei sozialversicherungspflichtig beschäftigten Experten/-innen insgesamt sowie an der jeweiligen Berufsgruppierung in Prozent
30.6.2023
Weiter zunehmende Präsenz von Frauen
In den vergangenen Jahren ist der Frauenanteil unter den akademischen Beschäftigten kräftig gestiegen. 2013 hatte er mit 43 Prozent noch 5 Prozentpunkte unter dem heutigen Anteil gelegen. Auf die zukünftige Entwicklung kann man schließen, wenn die Unterschiede zwischen jüngeren Menschen und der Gesamtgruppe untersucht werden. Dabei fällt auf, dass Frauen bei akademisch Gebildeten unter 35 Jahren mit 52 Prozent sogar etwas stärker vertreten sind als Männer (nicht abgebildet). Bei Beschäftigten unter 35 Jahren, die hochkomplexe Experten-Tätigkeiten ausüben, liegt der Frauenanteil bei 46 Prozent, immerhin 5 Prozentpunkte höher als über alle Altersgruppen betrachtet (Abbildung 1.5 – 5 im Vergleich zu Abbildung 1.5 – 4). Die höhere Präsenz von Frauen bei den unter 35-Jährigen ist (außer bei Lehrkräften) in allen Berufsgruppen festzustellen.
In akademischen Bau- und Architekturberufen sind beispielsweise nur 33 Prozent Frauen (vergleiche Abbildung 1.5 – 4). Wenn man jedoch Personen unter 35 Jahren betrachtet, beträgt der Frauenanteil 41 Prozent. Ältere Jahrgänge mit hohem Männeranteil, die nach und nach aus dem Erwerbsleben ausscheiden, werden hier also durch Jahrgänge mit größerem Frauenanteil ersetzt. Dadurch dürfte der Frauenanteil in akademischen Bau- und Architekturberufen insgesamt in den nächsten Jahren allmählich weiter steigen.
Abbildung 1.5 - 5
Unter jüngeren Hochqualifizierten ist der Frauenanteil erheblich höher
Frauenanteil bei sozialversicherungspflichtig beschäftigten Experten/-innen unter 35 Jahren an der jeweiligen Berufsgruppierung in Prozent im Vergleich zum korrespondierenden Frauenanteil aller Altersgruppen (Kennzeichnung durch Punkte)
30.6.2023
In den naturwissenschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Berufen wird bei den Jüngeren sogar langsam ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis greifbar. In Lehre und Ausbildung verläuft die Entwicklung umgekehrt. Hier gibt es in jüngeren Jahrgängen mit 53 Prozent einen geringeren Frauenanteil als insgesamt (58 Prozent).
Bemerkenswert ist darüber hinaus die Entwicklung im medizinischen Sektor; dort sind nahezu zwei Drittel der jungen Beschäftigten weiblich. In einem starken Kontrast zu allen anderen Berufsgruppen stehen die Informatik sowie die technischen Ingenieurberufe. Obwohl auch hier unter den Jüngeren etwas mehr Frauen sichtbar sind, werden diese Berufe wohl auf absehbare Zeit vorwiegend eine Männerdomäne bleiben.
Ausländische Akademikerinnen und Akademiker überwiegend aus Nicht-EU-Staaten
Rund 952.000 in Deutschland sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit akademischem Abschluss hatten 2023 eine ausländische Staatsbürgerschaft. Der Ausländeranteil bei Akademikerinnen und Akademikern betrug 14 Prozent. Er ist damit höher als bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit Berufsabschluss (8 Prozent), aber erheblich niedriger als bei Beschäftigten ohne Berufsabschluss (30 Prozent).
Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten ausländischen Akademikerinnen und Akademiker um 97.000 gestiegen (+11 Prozent), die von deutschen um 168.000 (+3 Prozent). Mehr als vier Fünftel des Ausländerzuwachses gehen auf gut Gebildete aus Nicht-EU-Staaten zurück, allen voran Beschäftigte mit indischer, ukrainischer und türkischer Staatsangehörigkeit. Hochqualifizierte aus nichteuropäischen Asylzugangsländern5 wie Iran, Pakistan oder Syrien machen insgesamt 10 Prozent des Zuwachses aus. Unter den akademisch qualifizierten EU-Ausländerinnen und Ausländern, die in Deutschland arbeiten, haben vor allem Menschen aus Polen, Italien und Rumänien zum Beschäftigungswachstum beigetragen.
Insgesamt stammen 2023 nicht ganz zwei Drittel der ausländischen Akademikerinnen und Akademiker aus einem Land außerhalb der Europäischen Union (Abbildung 1.5 – 6). EU-Angehörige sind unter den ausländischen Hochqualifizierten mit 38 Prozent vertreten. Dabei gehören Polen, Italien, Rumänien und Frankreich zu den beschäftigungsstärksten EU-Einzelnationen. Nicht-EU-Staatsangehörigkeiten, die zahlenmäßig eine größere Bedeutung haben, sind Indien, die Türkei, Russische Föderation, die Ukraine und China. Die Staatsangehörigkeit eines nichteuropäischen Asylzugangslandes besaßen 2023 rund 75.000 Akademikerinnen und Akademiker. Letztere haben einen relativen Zuwachs von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Dies entspricht einem Beschäftigungsplus von rund 10.000 Personen.
Abbildung 1.5 - 6
Ausländische Akademikerinnen und Akademiker kommen zu fast zwei Dritteln aus Nicht-EU-Staaten
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit (Fach-)Hochschulabschluss und ausländischer Staatsangehörigkeit
30.6.2023
Die kulturelle Vielfalt der in Deutschland beschäftigten Akademikerinnen und Akademiker ist größer als der Ausländeranteil vermuten lässt. 2,8 Millionen haben einen Migrationshintergrund6– das sind ein gutes Viertel aller Erwerbstätigen mit Hochschulabschluss.
Wachsende Bedeutung atypischer Beschäftigungsverhältnisse
Die Arbeitsmarktreformen nach der Jahrtausendwende haben flexiblere Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnet. So ist der anhaltende Beschäftigungsanstieg von einer Zunahme flexibler, auch „atypisch“ genannter Beschäftigungsverhältnisse begleitet. Hierzu zählen Teilzeitverträge, Minijobs, befristete Beschäftigung und Zeitarbeit. Auch am Arbeitsmarkt für Akademikerinnen und Akademiker haben atypische Beschäftigungsverhältnisse an Bedeutung gewonnen.
So hatten 2023 rund 89.000 Akademikerinnen und Akademiker einen Arbeitsvertrag in der Zeitarbeit.7 Das waren zwar 66 Prozent mehr als 2013. Bezogen auf alle sozialversicherungspflichtig beschäftigten Akademikerinnen und Akademiker entspricht dies aber einem Anteil von lediglich 1 Prozent. Bei Beschäftigten mit Berufsabschluss fällt dieser Anteil leicht höher und bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ohne Berufsabschluss merklich höher aus (Abbildung 1.5 – 7).
Abbildung 1.5 - 7
Zeitarbeit und Minijobs sind bei Akademikerinnen und Akademiker vergleichsweise selten, Befristungen kommen häufiger vor
Atypische Beschäftigung nach Berufsabschluss, Anteile in Prozent
30.6.2023, Befristung Jahresdurchschnitt 2023
Mit gut 2 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten arbeiteten 28 Prozent der Akademikerinnen und Akademiker in Teilzeit.8 Gegenüber 2013 hat sich die Zahl verdoppelt. Darüber hinaus gab es 446.000 Akademikerinnen und Akademiker, die ausschließlich einen Minijob ausübten. Ihre Zahl hat im Vergleich zu 2013 um 27 Prozent zugenommen. Insgesamt gingen 6 Prozent der beschäftigten Akademikerinnen und Akademiker ausschließlich einem Minijob nach. Bei der Bewertung dieser Zahlen ist zu bedenken, dass insbesondere Teilzeitarbeitsverhältnisse, aber auch Minijobs häufig freiwillig gewählt sein können, weil sie den persönlichen Präferenzen und Lebenssituationen am besten entsprechen. Sie können aber auch deswegen zustande kommen, weil es an alternativen Angeboten (zum Beispiel in Vollzeit) oder vielleicht an Kinderbetreuung mangelt.
In der Regel nicht freiwillig wird dagegen die Befristung eines Arbeitsverhältnisses angestrebt. Mit 41 Prozent hatten 2023 zwei von fünf neu abgeschlossenen Arbeitsverträgen eines Akademikers oder einer Akademikerin ein Ablaufdatum.9 Bei Arbeitnehmern mit Berufsabschluss war der Anteil an Befristungen erheblich geringer (28 Prozent), bei Beschäftigten ohne Berufsabschluss höher (50 Prozent).
Zwischen den Branchen gibt es merkliche Unterschiede. Sehr häufig sind befristete Neueinstellungen in der Kultur- und Unterhaltungsbranche oder auch an Hochschulen und Forschungseinrichtungen, denn Forschungsprojekte sind in der Regel zeitlich begrenzt und das Wissenschaftszeitvertragsgesetz gibt einen weiten Rahmen für Befristungen vor. Viele Befristungen bei Neueinstellungen gibt es außerdem bei Information und Kommunikation, in der Land-, Forstwirtschaft und Fischerei (saisonbedingt). Dagegen erfolgen Neueinstellungen im Baugewerbe, bei Banken, Versicherungen, in der Immobilienverwaltung oder im Gesundheitswesen vergleichsweise selten befristet.
Fast die Hälfte der Befristungen, vor allem sachgrundlose, werden nach Erkenntnissen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in unbefristete Arbeitsverträge umgewandelt. Danach mündeten 2022 47 Prozent der befristet geschlossenen Arbeitsverhältnisse in einen Dauervertrag. Befristete Verträge dienen vor allem qualifizierten und hoch qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als Sprungbrett in unbefristete Beschäftigung. Im Vergleich zu 2019, als die Übernahmequote noch bei 44 Prozent lag, ist das ein nennenswerten Anstieg. In den Jahren 2020 und 2021 war die Übernahmen coronabedingt auf 39 beziehungsweise 40 Prozent gesunken.10
Der oben genannte Befristungsanteil bei neu begonnenen Beschäftigungsverhältnissen lässt sich deshalb sinnvoll durch eine Gesamtbefristungsquote ergänzen: 2022 hatten – bezogen auf die Gesamtzahl aller abhängig beschäftigten Akademiker – rund 10 Prozent einen befristeten Arbeitsvertrag. Dies entspricht etwa 920.000 befristet beschäftigten Akademikerinnen und Akademikern.11Auch bei dieser Gesamtbetrachtung sind, wie bei der Fokussierung auf die neu begonnenen Beschäftigungsverhältnisse, Befristungen in akademischen Berufen deutlich verbreiteter als bei Beschäftigten mit Berufsabschluss.
Befristungen treten vorrangig in der Anfangsphase des Berufslebens auf und werden mit fortschreitender beruflicher Etablierung immer mehr zur Ausnahme. Während von allen abhängig Beschäftigten unter 35 Jahren 23 Prozent befristet tätig waren, betraf dies bei den 35- bis 49-Jährigen noch 7 Prozent. Bei Personen von mindestens 50 Jahren hatten lediglich 4 von 100 einen befristeten Vertrag.12
Fast die Hälfte der Befristungen, vor allem sachgrundlose, werden nach Erkenntnissen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in unbefristete Arbeitsverträge umgewandelt. Danach mündeten 2022 47 Prozent der befristet geschlossenen Arbeitsverhältnisse in einen Dauervertrag. Befristete Verträge dienen vor allem qualifizierten und hoch qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als Sprungbrett in unbefristete Beschäftigung. Im Vergleich zu 2019, als die Übernahmequote noch bei 44 Prozent lag, ist das ein nennenswerten Anstieg. In den Jahren 2020 und 2021 war die Übernahmen coronabedingt auf 39 beziehungsweise 40 Prozent gesunken.10
Der oben genannte Befristungsanteil bei neu begonnenen Beschäftigungsverhältnissen lässt sich deshalb sinnvoll durch eine Gesamtbefristungsquote ergänzen: 2023 hatten – bezogen auf die Gesamtzahl aller abhängig beschäftigten Akademikerinnen und Akademiker – rund 10 Prozent einen befristeten Arbeitsvertrag. Dies entspricht etwa 920.000 befristet beschäftigten Personen.11 Diese Gesamtbetrachtung kommt zu dem gleichen Ergebnis wie die Fokussierung auf die neu begonnenen Beschäftigungsverhältnisse: Befristungen sind in akademischen Berufen deutlich verbreiteter als bei Beschäftigten mit Berufsabschluss.
Befristungen treten vorrangig in der Anfangsphase des Berufslebens auf und werden mit fortschreitender beruflicher Etablierung immer mehr zur Ausnahme. Während von allen abhängig Beschäftigten unter 35 Jahren 18 Prozent befristet tätig waren, betraf dies bei den 35- bis 49-Jährigen noch 6 Prozent. Bei Personen von mindestens 50 Jahren hatten lediglich 3 von 100 einen befristeten Vertrag.12
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1 In den Angaben zu sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit Fach- und Hochschulabschluss sind geschätzte Angaben für Personen einbezogen, für die keine Angaben zum Berufsabschluss vorliegen. Das gleiche gilt für die Berechnung der Anteile.
2 Aufgrund der Umstellung auf die „Klassifikation der Berufe 2010“ sind die Angaben ab dem Jahr 2013 nur eingeschränkt mit den Jahren davor vergleichbar.
3 Einschließlich Personen mit Meister-, Techniker- oder gleichwertigem Abschluss
4 Anforderungsniveau 4 – hoch komplexe Tätigkeiten (KldB 2010).
5 Als nichteuropäische Asylzugangsländer werden hier die nichteuropäischen Staaten zusammengefasst, aus denen in den letzten Jahren die meisten Menschen in Deutschland Asyl beantragt haben (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia, Syrien). Näheres siehe: statistik.arbeitsagentur.de > Themen im Fokus > Migration
6 Quelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus Erstergebniss 2023, Erwerbstätige mit Migrationshintergrund im weiteren Sinne. Eine Person hat dann einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren ist. Zu den Personen mit Migrationshintergrund im weiteren Sinne gehören auch Personen mit nicht durchgehend in allen Jahren bestimmbarem Migrationsstatus.
7 Hier sind jeweils geschätzte Angaben einbezogen für Personen, für die keine Angaben zum Berufsabschluss vorliegen. Zeitarbeit: Beschäftigte in der Arbeitnehmerüberlassung.
8 Hier sind jeweils geschätzte Angaben einbezogen für Personen, für die keine Angaben zur Arbeitszeit vorliegen.
9 Quelle: Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Es liegen hier nur Angaben zu Befristungen bei neu begonnenen Beschäftigungsverhältnissen vor. Angaben beziehen sich auf das 2. Quartal 2023.
10 Quelle: IAB, Forschungsbericht 23/2023, Dezember 2023.
11 Quelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus Erstergebnis 2023, Angaben ohne Personen in Ausbildung.
12 Quelle: Statistisches Bundesamt, Sonderauswertung des Mikrozensus. Erstergebnis für 2023.
Stand: Juni 2024
1.6 Gehälter
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Ein Studium lohnt sich in der Regel auch in finanzieller Hinsicht. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat errechnet, dass Personen mit einem Fachhochschul- und Hochschulabschluss im Laufe ihres Berufslebens im Schnitt rund 830.000 Euro mehr verdienen als Facharbeiterinnen und Facharbeiter mit Berufsabschluss.1 Nach dem Anforderungsniveau der ausgeübten Tätigkeit betrachtet liegt das Durchschnittseinkommen von Expertinnen und Experten sogar um fast eine Million Euro höher als für Fachkräfte. Die Entgeltstatistik der Bundes¬agentur für Arbeit, die auf den Angaben zur Sozialversicherung der 2023 gut 34 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland aufbaut, bestätigt diese Abstufung. Sie weist für Vollzeitbeschäftigte mit einer Tätigkeit, deren Anforderungsprofil einem mindestens vierjährigen Hochschulabschluss entspricht, ein mittleres Monatsentgelt2 von 6.057 Euro aus (Westdeutschland 6.232 Euro, Ostdeutschland 5.359 Euro). Das Medianentgelt von sozialversicherungspflichtig beschäftigten Fachkräften mit dem Anforderungsniveau einer betrieblichen oder schulischen Berufsausbildung lag mit 3.519 Euro deutlich niedriger (West 3.625 Euro, Ost 3.064 Euro).
Es gibt allerdings beträchtliche Unterschiede zwischen und innerhalb der einzelnen Berufsgruppen. Ebenso wird das erzielte Gehalt durch Faktoren wie den Beschäftigungsort, die Branche, die Betriebsgröße, die Berufserfahrung oder auch das Geschlecht beeinflusst.
Deutliche Unterschiede nach Berufen...
Innerhalb der Akademikerberufe erzielen zum Beispiel sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Rechtswissenschaften, Medizin und Pharmazie, in Ingenieurberufen, oder in Wirtschafts- und Managementberufen weit überdurchschnittliche Gehälter (Abbildung 1.6 – 1). Dagegen fallen die Monatsentgelte in der Sozialen Arbeit, in der Psychologie oder in der Publizistik tendenziell geringer aus.
... Regionen ...
Zwischen West- und Ostdeutschland besteht rechnerisch bei Expertinnen und Experten ein durchschnittliches Lohngefälle von 873 Euro, was 14 Prozent entspricht. Eine Ausnahme bilden Lehrkräfte im Osten Deutschlands, die laut Entgeltstatistik mehr verdienen als ihre Kolleginnen und Kollegen in Westdeutschland. Dieses Phänomen kann mit der unterschiedlichen Verbeamtungspraxis im Schuldienst erklärt werden.3
Abbildung 1.6 - 1
In ärztlichen, technischen und wirtschaftswissenschaftlichen Berufen werden in Westdeutschland die höchsten Gehälter erzielt
Mittleres Monats- Bruttoentgelt von sozialversicherungspflichtigen vollzeitbeschäftigten Expert/-innen in Euro, 2023
... Branchen ...
Nach Branchen betrachtet zählen Akademikerinnen und Akademiker, die im Verarbeitenden Gewerbe tätig sind, zu den Spitzenverdienern. Hier lag 2023 in Westdeutschland bei mehr als der Hälfte der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten das erzielte Entgelt bei mindestens 7.227 Euro monatlich (Abbildung 1.6 – 2). Auch bei Finanz- und Versicherungsdienstleistungen sowie im Gesundheitswesen fielen die Entgelte deutlich überdurchschnittlich aus. In Ostdeutschland ergibt sich eine andere Reihenfolge. Die höchsten Entgelte wurden hier im Gesundheitswesen, gefolgt von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen erzielt. Das Verarbeitende Gewerbe belegte mit merklichem Abstand nur den Platz 3.
Abbildung 1.6 - 2
Spitzen-Gehälter werden im Verarbeitenden Gewerbe, bei Finanz- und Versicherungsdienstleistern
und im Gesundheitswesen gezahlt
Mittleres Monats-Bruttoentgelt von sozialversicherungspflichtig vollzeitbeschäftigten Expert/-innen nach Wirtschaftsabteilungen in Westdeutschland in Euro (Werte für Ostdeutschland in Klammern), 2023
... sowie Geschlecht ...
Die mittleren Vollzeit-Bruttoentgelte von Männern und Frauen auf Expertenniveau lagen 2023 laut Entgeltstatistik der Bundesagentur für Arbeit in Westdeutschland 1.360 Euro bzw. 21 Prozent auseinander. Im Osten Deutschlands fiel die Lohnlücke mit 645 Euro bzw. 11 Prozent erheblich geringer aus. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass ostdeutsche Männer mit einem Abschlag von mehr als 1.000 Euro erheblich weniger verdienen als westdeutsche Männer, während die Entgelte der west- und ostdeutschen Frauen nur um rund 200 Euro auseinanderliegen.
Die Differenz zwischen Frauen- und Männergehältern kommt auch durch die unterschiedlichen Präferenzen bei der Berufswahl zustande, die sich im Westen stärker zeigen als im Osten. Während Frauen häufig soziale, lehrende, erziehende oder geistes- und gesellschaftswissenschaftliche Berufe ausüben, in denen die Gehälter geringer ausfallen, dominiert zum Beispiel in den einkommensstarken technischen Berufen und den Wirtschaftswissenschaften das männliche Geschlecht. Darüber hinaus schlagen unter anderem Unterschiede hinsichtlich der Beschäftigungsbranchen, der Berufserfahrung oder -unterbrechungen sowie der Häufigkeit von Führungspositionen zu Buche. Die nominalen Entgeltunterschiede zwischen Männern und Frauen verringern sich deshalb merklich, wenn man nur die Gehälter z. B. derselben Berufsgruppen, derselben Branche und derselben Anforderungsniveaus miteinander vergleicht. Nach diesem Prinzip ermittelt das Statistische Bundesamt alle vier Jahre auf Basis der Verdienststrukturerhebung den sogenannten bereinigten Gender Pay Gap. Danach lassen sich rund drei Viertel der unbereinigten Lohnlücke mit den geschilderten Strukturunterschieden erklären. Rechnerisch bereinigt um diese Unterschiede verdienten Frauen bei vergleichbarer Tätigkeit, vergleichbarer Qualifikation und Position 6 Prozent weniger als Männer.4 Für Akademikerinnen und Akademiker liegen leider keine gesonderten Angaben vor.
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1 Quelle: IAB-Kurzbericht 18/2022.
2 Einkommen werden in der Beschäftigungsstatistik nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze ausgewiesen (2023 West 7.300 Euro, Ost 7.100). Als Mittelwert wird deshalb nicht das arithmetische Mittel (=Durchschnitt), sondern der Median ausgewiesen (50 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten verdienen mehr, 50 Prozent weniger). Der Median hat den Vorteil, dass er nicht von statistischen Ausreißern mit sehr geringen oder sehr hohen Verdiensten beeinflusst wird.
3Auf die Lehramtsgehälter in Westdeutschland schlägt sich dämpfend nieder, dass dort junge Lehrkräfte (mit geringeren Gehältern) unter dem sozialversicherungspflichtig beschäftigten Personal einen größeren Anteil einnehmen als in Ostdeutschland (50 Prozent der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Lehrkräfte sind in Westdeutschland unter 40 Jahre alt. In Ostdeutschland sind es nur 41 Prozent). Das liegt daran, dass in den westlichen Ländern die Lehrkräfte – vor allem die berufserfahreneren und damit besser dotierten – häufiger verbeamtet sind als in den östlichen Ländern.
4 Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 027 vom 18.01.2024. Wenn für die Berechnungen weitere Informationen über lohnrelevante Einflussfaktoren zur Verfügung stünden, könnte laut Statistischem Bundesamt der bereinigte Gender Pay Gap möglicherweise noch geringer ausfallen. So liegen beispielsweise zu familienbedingten Erwerbsunterbrechungen keine Informationen vor.
Stand: Juli 2024
1.7 Arbeitslosigkeit
PDF-Datei (PDF, 296KB)
Arbeitslosenzahl erreicht neues Hoch
Die Zahl arbeitsloser Akademikerinnen und Akademiker hatte sich 2020 coronabedingt kräftig auf 238.000 erhöht (+51.000 gegenüber Vorjahr). Dieser Anstieg konnte 2021 und 2022 nur teilweise abgebaut werden (Abbildung 1.7 – 1). Im Jahresdurchschnitt 2023 nahm die Zahl erneut kräftig auf 243.000 Personen mit akademischem Abschluss zu. Das waren 38.000 mehr als im Vorjahr und so viele wie in den letzten 10 Jahren nicht. Der Anstieg fällt prozentual mit 19 Prozent deutlich stärker aus als die Zunahme der Arbeitslosigkeit insgesamt, die um 8 Prozent gestiegen ist. Etwa die Hälfte des Anstiegs ist auf Geflüchtete aus der Ukraine und anderen Staaten zurückzuführen. Lässt man diese für analytische Zwecke außen vor, hätte die Akademikerarbeitslosigkeit um 10 Prozent zugenommen.
Akademiker-Arbeitslosenquote weiter auf Vollbeschäftigungsniveau
Die Akademiker-Arbeitslosenquote stieg von 2,2 Prozent im Jahr 2022 auf 2,5 Prozent im Jahr 2023. Vor der Corona-Krise 2019 hatte sie noch bei 2,1 Prozent gelegen. Trotzdem ist die aktuelle relative Arbeitslosigkeit, ausgedrückt durch die Arbeitslosenquote, weiterhin relativ gering. Bis zu einer Arbeitslosenquote von rund 3 Prozent wird üblicherweise von Vollbeschäftigung gesprochen.
Abbildung 1.7 - 1
Trotz Anstiegs Akademikerarbeitslosigkeit auf Vollbeschäftigungsniveau
Jahresdurchschnittsbestand an Arbeitslosen mit (Fach-)Hochschulabschluss und Arbeitslosenquote
Deutschland
Seit 2007 Akademiker-Arbeitslosenquote konstant unter 3 Prozent
Die Arbeitslosenquote ist für längerfristige Betrachtungen besser geeignet als die absolute Zahl an arbeitslosen Personen, weil hier im Nenner auch die stark aufwärts gerichtete Entwicklung der Beschäftigtenzahl ihren Niederschlag findet.
Ein Rückblick über fast 5 Jahrzehnte zeigt, dass Arbeitskräfte mit (Fach-)Hochschulabschluss immer vergleichsweise selten von Arbeitslosigkeit betroffen waren (Abbildung 1.7 – 2). Selbst in konjunkturell schlechten Zeiten blieb die Akademiker-Arbeitslosenquote auf sehr niedrigem Niveau.1 Seit der Wiedervereinigung bewegte sich die Quote in der Regel unterhalb der 4-Prozent-Marke, seit 2007 sogar kontinuierlich unter 3 Prozent.2
Abbildung 1.7 - 2
Akademikerinnen und Akademiker immer seltener arbeitslos als andere Qualifikationsgruppen
Qualifikationsspezifische Arbeitslosenquoten
Deutschland, bis 1990 früheres Bundesgebiet
Das größte Risiko, arbeitslos zu werden, tragen im Gegensatz dazu die nicht formal Qualifizierten. Hier ist die Arbeitslosenquote in den letzten Jahrzehnten auf ein sehr hohes Maß gestiegen (Spitzenwert 1997 mit 26,9 Prozent). Zwar war die Quote nach 2005 bis 2019 etwas rückläufig, trotzdem war 2019 noch jeder sechste Geringqualifizierte arbeitslos, 2020 bis 2023 beginnend mit der Corona-Pandemie sogar jeder fünfte. In dieser unterschiedlichen Betroffenheit von Arbeitslosigkeit spiegelt sich der Strukturwandel wider: Die Zahl der Arbeitsplätze, die hohe Anforderungen an die Qualifikation der Beschäftigten stellen, nimmt zu, während der Bedarf an einfachen Tätigkeiten, die keinen Berufsabschluss erfordern, auf niedrigerem Niveau verharrt.
Geringste Arbeitslosenquoten in Verwaltungsberufen, bei Lehrkräften und im Sozialwesen
Nach Berufen betrachtet gibt es sehr geringe Arbeitslosenquoten in Verwaltungsberufen, bei Lehrkräften sowie im Sozialwesen. Hier erreichten die berufsspezifischen Arbeitslosenquoten 2023 einen Wert bis höchstens 2,0 Prozent (Abbildung 1.7 – 3). Es gibt aber auch akademische Berufsfelder, in denen die Arbeitslosenquoten vergleichsweise hoch ausfallen. Hierzu gehören die Naturwissenschaften mit 7,9 Prozent, Mediengestaltung, Werbung und Marketing mit 6,6 Prozent oder die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften mit 6,2 Prozent.
Abbildung 1.7 - 3
Erhebliche Spannbreite bei den berufsspezifischen Arbeitslosenquoten
Berufsspezifische Arbeitslosenquoten für ausgewählte Berufsgruppierungen - jeweils Experte/-in
2023 im Vergleich zum Vorjahr (Richtungspfeile)
Studienfachspezifische Arbeitslosenquoten relativieren die Einschätzung
Vor allem für Berufe mit relativ hohen Arbeitslosenquoten ist es sinnvoll, einen ergänzenden Blick auf die studienfachspezifischen Arbeitslosenquoten 3 zu werfen (Abbildung 1.7 – 4).
Diese zeigen an, welcher Anteil der Erwerbspersonen, die einen Studienabschluss in einem bestimmten Studienfach aufweisen, im betrachteten Jahr durchschnittlich arbeitslos war. Dabei steht nicht, wie bei den berufsspezifischen Arbeitslosenquoten, die konkret ausgeübte bzw. gesuchte Berufstätigkeit im Fokus, sondern der formale Abschluss. Es spielt also keine Rolle, ob eine Tätigkeit passend zum absolvierten Studienfach ausgeübt wird oder in einem fachfremden Bereich. Gerade für die Studienfächer, die nicht auf eine konkrete Berufstätigkeit vorbereiten, sondern Kompetenzen für ein weites Tätigkeitsspektrum eröffnen, wie z. B. den Naturwissenschaften oder den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften, ergibt sich dadurch ein aussagekräftigeres Gesamtbild.
Abbildung 1.7 - 4
Arbeitslosenquoten in den meisten Studienfachrichtungen sehr gering
Studienfachbezogene Arbeitslosenquoten für ausgewählte Studienfachrichtungen in Prozent
2023
So fällt die studienfachspezifische Arbeitslosenquote für Personen mit einem Abschluss in einem naturwissenschaftlichen Fach nominal erheblich geringer aus als die berufsspezifische Arbeitslosenquote: Für Erwerbstätige mit einem abgeschlossenen Mathematik-, Statistik-, Physik- oder Chemie-Studium errechnen sich studienfachspezifische Arbeitslosenquoten von weniger als 3,0 Prozent anstatt 7,9 Prozent (Abbildung 1.7 – 3) Lediglich Erwerbstätige mit einem Biologiestudium liegen leicht über 3,0 Prozent. Ähnlich verhält es sich bei Studiengängen rund um Werbung und Marketing mit Arbeitslosenquoten von 6,6 Prozent (berufsspezifisch) bzw. 3,7 Prozent (studienfachbezogen). Auch in den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften wird eine Differenzierung deutlich: Dank der Aufgeschlossenheit gegenüber fachfremden Tätigkeitsfeldern verzeichnen Erwerbspersonen mit einem Abschluss der Sprach- und Literaturwissenschaften eine studienfachspezifische Arbeitslosenquote von nur 3,1 Prozent, in den Politikwissenschaften von 2,8 Prozent. Auch für die Geschichtswissenschaften wird mit 3,7 Prozent die berufsspezifische Berechnung relativiert, die für die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften insgesamt 6,2 Prozent ausweist. Einzig bei den Berufen rund um Redaktion und Journalistik ergibt die studienfachspezifische Berechnung der Arbeitslosenquote einen Wert von 4,3 Prozent, der sogar höher ausfällt als die berufsspezifische Sichtweise mit 3,8 Prozent.
Regionale Unterschiede
Da die Arbeitsmarktchancen mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer Region in Zusammenhang stehen, fällt die Arbeitslosenquote von Akademikerinnen und Akademikern auch regional betrachtet unterschiedlich aus. Sehr niedrige Arbeitslosenquoten gibt es – wie bei der Gesamtarbeitslosigkeit – im Süden Deutschlands (Abbildung 1.7 – 5).
Abbildung 1.7 - 5
In allen Bundesländern sind Akademikerinnen und Akademiker unterdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen
Arbeitslosenquoten insgesamt und für Akademiker/-innen in Prozent
2023
In den östlichen Ländern ist die Arbeitslosenquote von Akademikerinnen und Akademikern mit durchschnittlich 3,5 Prozent höher als in Westdeutschland (2,3 Prozent). Auch die Stadtstaaten weisen höhere Arbeitslosenquoten auf. Aber für den Osten Deutschlands und die Stadtstaaten gilt ebenso: Akademische Fachkräfte sind überall weit seltener von Arbeitslosigkeit betroffen als Erwerbspersonen insgesamt. So lag zum Beispiel die Arbeitslosenquote in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt bei 7,7 Prozent, die der Akademikerinnen und Akademiker bei 3,3 Prozent. In Bremen waren es durchschnittlich 10,6 Prozent gegenüber 3,7 Prozent bei Akademikerinnen und Akademikern.
Arbeitslosigkeit kürzer als bei anderen Qualifikationsgruppen
Akademikerinnen und Akademiker sind im Mittel kürzer arbeitslos als Personen mit geringerer formaler Bildung. Im Vordergrund steht hier die Sucharbeitslosigkeit. 63 Prozent der arbeitslosen Akademikerinnen und Akademikern waren 2023 kürzer als ein halbes Jahr arbeitslos (Abbildung 1.7 – 6). Bei Arbeitslosen mit Berufsabschluss lag dieser Anteil erkennbar niedriger (48 Prozent), bei nicht formal Qualifizierten war er nochmals 5 Prozentpunkte kleiner (43 Prozent).
Abbildung 1.7 - 6
Anteil der kurzfristig Arbeitslosen ist bei Akademikerinnen und Akademikern am größten
Durchschnittliche bisherige Dauer der Arbeitslosigkeit nach Art der beruflichen Qualifikation
Anteile 2023
Langzeitarbeitslosigkeit, also ein Jahr Arbeitslosigkeit und länger, war für 18 Prozent der Akademikerinnen und Akademiker ein Thema. Bei Arbeitslosen, die keinen akademischen Abschluss haben, sind die Anteile Langzeitarbeitsloser deutlich höher (bis hin zu 38 Prozent bei Ungelernten).
Arbeitslosigkeit auch im europäischen Vergleich gering
Auch im europäischen Vergleich fällt die Arbeitslosenquote von Akademikerinnen und Akademikern in Deutschland unterdurchschnittlich aus (Abbildung 1.7 – 7).
Abbildung 1.7 - 7
Auch in anderen Ländern sind Akademikerinnen und Akademiker seltener arbeitslos als andere Qualifikationsgruppen
ILO-Erwerbslosenquoten insgesamt und Akademiker/-innen (Fachkräfte ISCED Level 5 bis 8) in Prozent
Ausgewählte Staaten, 2023
Die ILO-Erwerbslosenquote von Personen mit tertiärer Ausbildung belief sich 2023 in Deutschland auf 2,2 Prozent.4 Der EU-Durchschnitt lag bei 3,8 Prozent. In Polen, Tschechien, Ungarn, Rumänien und Bulgarien wurde mit einem Wert von unter 2 Prozent jeweils eine noch geringere Arbeitslosenquote ausgewiesen (nicht alle abgebildet). Die höchsten Arbeitslosenquoten wurden in Griechenland und Spanien ermittelt.
Innerhalb der EU variiert die Akademiker-Erwerbslosenquote erheblich, da sie stark von der Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage des jeweiligen Landes abhängt. Gleichwohl ist in allen EU-Ländern die Erwerbslosenquote von Hochschulabsolventen merklich geringer als die Erwerbslosenquote insgesamt.
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1 Seit dem Jahr 2006 können für Personen mit Fachschul-, Meister- oder Technikerausbildung die Quoten nicht mehr isoliert berechnet werden. Weitergehende Analysen mit ILO-Daten zeigen aber, dass die Erwerbslosenquote für Arbeitskräfte mit diesen Weiterbildungsabschlüssen ähnlich gering oder teilweise sogar geringer ist als die Arbeitslosenquote von Akademikern. Siehe IAB – Qualifikationsspezifische Arbeitslosenquoten, 24. Oktober 2016, Nürnberg.
2 Die qualifikationsspezifischen Arbeitslosenquoten von 1975 bis 2014 beruhen auf Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Die Berechnungsmethode unterscheidet sich von der der Statistik der Bundesagentur für Arbeit, die ab 2015 verfügbar ist. Die Unterschiede in den Quoten sind aber minimal. Näheres siehe: statistik.arbeitsagentur.de > Grundlagen > Methodenberichte > Arbeitsmarkt
3 Diese sind nur für ausgewählte Studienfachrichtungen verfügbar. Siehe Hinweise zu statistischen Angaben.
4 Quelle: Eurostat, Angaben für 2023.Tertiäre Ausbildung: ISCED-2011-Level 5 bis 8. Alter 15 bis 64 Jahre. Näheres zur ILO-Erwerbslosigkeit siehe statistik.arbeitsagentur.de > Grundlagen > Statistik erklärt > Arbeitsuche, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung
Stand: Juni 2024
1.8 Arbeitskräftenachfrage
PDF-Datei (PDF, 197KB)
Nachfrage sinkt nach Allzeithoch leicht
Im Laufe des Jahres 2023 wurden 234.000 Stellenangebote für hoch komplexe Tätigkeiten1 bei der Bundesagentur für Arbeit neu gemeldet. Nach einem kontinuierlichen, nur durch die Corona-Pandemie unterbrochenen Anstieg von 2014 bis 2022 ging die gemeldete Arbeitskräftenachfrage 2023 leicht um 1 Prozent zurück. Die Stellenentwicklung über alle Qualifikationsniveaus hinweg gab 2023 aufgrund der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung erheblich stärker nach (-13 Prozent).
Neben den Stellenangeboten mit hochkomplexem Anforderungsprofil wurden 2023 weitere 205.000 Offerten gemeldet, die sich an Arbeitsuchende mit einem Meister-, Techniker- oder Bachelorabschluss wandten, 8 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.2 Im Monatsdurchschnitt hatte die öffentliche Arbeitsvermittlung damit 77.000 Arbeitsstellen für Tätigkeiten mit hoch komplexen Anforderungen (Abbildung 1.8 – 1) und 90.000 für komplexe Spezialistentätigkeiten im Angebot.
Abbildung 1.8 - 1
Kräftenachfrage auf hohem Niveau leicht zurückgegangen
Gemeldete Arbeitsstellen für Expert/-innen
Gesamtwirtschaftliche Nachfrage größer als die gemeldete Nachfrage
In Deutschland gibt es keine Meldepflicht für offene Stellen. Deshalb ist der gesamtwirtschaftliche Bedarf an Arbeitskräften größer als die Zahl der gemeldeten Stellen. Nach Erhebungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wurden im 4. Quartal 2023 rund 41 Prozent der offenen Stellen bei den Vermittlungseinrichtungen angezeigt. Bei Stellen für hochkomplexe Expertentätigkeiten liegt die Meldequote deutlich niedriger: für knapp 24 Prozent der freien Stellen wurde hier ein Vermittlungsauftrag erteilt. Laut IAB-Stellenerhebung waren im 4. Quartal 2022 rund 208.000 Stellen mit hochkomplexen Anforderungsprofilen zu besetzen. Das war ein Plus von 87.000 gegenüber dem Vorjahr. Gleichzeitig waren in den Betrieben und Institutionen 364.000 Stellen für komplexe Spezialistenaufgaben zu besetzen (+156.000 gegenüber Vorjahr).
Wirtschaftswissenschaftliche und IT-Berufe am häufigsten gesucht
Die Liste der „gefragtesten“ Akademikerinnen und Akademiker wurde 2023 angeführt von den Wirtschaftsfachleuten: Rund 46.000 Stellenangebote für Tätigkeiten in Management, Handel, Finanzen oder Wirtschaftswissenschaften gingen im Laufe des Jahres 2023 bei der Bundesagentur für Arbeit ein (Abbildung 1.8 – 2). Es folgten IT-Berufe, das technische Ingenieurwesen, das Sozialwesen sowie Bau- und Architekturberufe.
Abbildung 1.8 - 2
Die gefragtesten akademischen Berufe
Zugänge gemeldeter Arbeitsstellen (Jahressumme) für Expert/-innen in akademischen Berufen
2023
Gemeldete Nachfrage in Ingenieur- und Bauberufen weiter im Plus
In vielen Berufen war 2023 ein Minus im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen, in einigen wiederum stieg die gemeldete Nachfrage weiter an. (Abbildung 1.8 – 3).
Im Vergleich zum Vorjahr sind die Stellenmeldungen prozentual gewachsen im technischen Ingenieurwesen, in Bauberufen, in der Psychologie sowie in Lehre und Ausbildung. Zurückgegangen ist die Nachfrage hingegen besonders in Mediengestaltung, Werbung und Marketing, im Sozialwesen, in den Geistes-, Gesellschaftswissenschaften und der Publizistik oder auch in Medizin und Pharmazie. Die Stellenmeldungen für Berufe in Verwaltung, Bibliothek blieben praktisch unverändert.
Abbildung 1.8 - 3
Nachfrage lässt in den meisten Fachrichtungen nach, vor allem in Medien- und Sozialberufen
Veränderung der Zugänge gemeldeter Arbeitsstellen für Expert/-innen (Jahressumme)
2023 gegenüber Vorjahr
Vakanzzeit als ein Indikator für mögliche Besetzungsprobleme
Die Zeitspanne zwischen dem vom Arbeitgeber gewünschten Besetzungstermin und der tatsächlichen Abmeldung eines Stellenangebotes bei der Arbeitsvermittlung, die sogenannte Vakanzzeit, liefert Anhaltspunkte dafür, wie schnell es Unternehmen gelingt, freie Stellen zu besetzen. Ein hohes Niveau kann einen Engpass signalisieren. Allerdings kann die Vakanzzeit auch von anderen Faktoren beeinflusst werden, zum Beispiel wie zeitig mit der Personalsuche begonnen wird oder wie aufwändig und formal ein Auswahlverfahren gestaltet wird.3 Zunehmende Vakanzzeiten können in wirtschaftlichen Abschwüngen auch daraus resultieren, dass Unternehmen Stellenbesetzungen herauszögern, weil die wirtschaftliche Lage unsicher ist. Die geschilderten Einflussfaktoren machen eine eindeutige Interpretation der Daten schwierig.
Abbildung 1.8 - 4
Außer in Medizin und Bau sind die Vakanzzeiten in akademischen Berufen moderat
Durchschnittliche Vakanzzeit gemeldeter sozialversicherungspflichtiger Arbeitsstellen in Tagen, gemessen bei Abmeldung der Stellen, ohne gemeldeten Stellen von Zeitarbeitsunternehmen
2023, Veränderung gegenüber Vorjahr in Tagen
2023 waren Stellen für akademische Expertinnen und Experten durchschnittlich 105 Tage vakant. Das waren 5 Tage mehr als im Vorjahr. Gemeldete Arbeitsstellen für Fachkräfte mit Berufsausbildung wiesen allerdings mit 162 Tagen eine erheblich höhere Vakanzzeit auf.
Zwischen den akademischen Berufen gibt es erhebliche Unterschiede. Hohe Vakanzzeiten kennzeichnen die Stellenangebote in Medizin und Pharmazie sowie in Bau und Architektur. Diese können als ein Indiz für Engpässe bei der Stellenbesetzung gewertet werden (Abbildung 1.8 – 4). Geringe Vakanzzeiten waren 2023 beispielsweise in Verwaltungs- und Bibliotheksberufen, bei Lehrkräften sowie in Geistes-, Gesellschaftswissenschaften und Publizistik zu beobachten.
Engpässe 2023 leicht zurückgegangen
Auf Basis eines Indikatorensets, zu dem neben der Vakanzzeit beispielsweise die Arbeitsuchenden-Stellen-Relation, die berufsspezifische Arbeitslosenquote oder auch die Entwicklung des mittleren Entgelts gehören, hat die Engpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit für das Jahr 2023 insgesamt für 31 akademisch geprägte Berufe4 einen Fachkräfteengpass ausgewiesen. 2019 waren 40 akademische Engpassberufe ermittelt worden. Während der Pandemie hatte sich die Anzahl der Engpassberufe auf 30 reduziert. Nach einem Anstieg im letzten Jahr hat die Zunahme der Arbeitslosigkeit und der Rückgang der Stellenmeldungen zu einem erneuten Rückgang bei der Anzahl der Engpassberufen geführt.
Bei Informatikberufen, insbesondere in der Softwareentwicklung schlägt sich die digitale Transformation in Fachkräfteengpässen nieder. Engpässe zeigten sich darüber hinaus in ärztlichen, pharmazeutischen und pflegerischen Berufen. Des Weiteren traten zum Beispiel auch in der Rechts- und Steuerberatung, diversen kaufmännischen Berufen, technischen Berufen oder auch in der Bauplanung und im Sozialwesen Besetzungsprobleme zu Tage (Abb. 1.8 – 5).
Differenzierte Informationen zu Fachkräfteengpässen im Jahr 2023, auch in nichtakademischen Berufen, sind in der Fachkräfte-Engpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit zu finden.5
Abbildung 1.8 - 5
Engpassanalyse für 2023: Engpässe in 31 Berufen auf Expertenniveau
Ausgewählte Berufe mit Kennzeichen für einen Fachkräfteengpass (ohne Bewertung der Dringlichkeit eines Engpasses)
Fachkräfteengpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit 2023
- Informatik (vor allem in der Softwareentwicklung)
- Medizin, Tiermedizin, Pharmazie
- Pflege, Heilerziehungspflege, Sozialpädagogik, Sonderpädagogik
- Bau
- Rechtsberatung, Steuerberatung, Buchhaltung, Unternehmensberatung, Versicherungen, Management
- Maschinenbau- und Betriebstechnik, Kraftfahrzeugtechnik, Elektrotechnik, Qualitätssicherung
- Leitende Tätigkeiten in Verkauf und Gastronomie
Außerdem:
- 54 Berufe auf Spezialistenniveu (Meister, Techniker, Bachelor)
- 98 Berufe auf Fachkräfteniveau (betriebliche oder schulische Berufsausbildung)
______
1 Das Merkmal (Fach-)Hochschulabschluss ist in der Statistik der gemeldeten Stellen nicht vorhanden. Deshalb werden hier Stellen mit dem Anforderungsniveau 4 – hoch komplexe Tätigkeiten (Experte) zu Grunde gelegt. Voraussetzung für die Ausübung einer solchen Tätigkeit sind Kenntnisse und Fertigkeiten, die einem mindestens vierjährigen (Fach-)Hochschulabschluss entsprechen oder damit vergleichbar sind.
2 Stellenangebote mit dem Anforderungsniveau 3 – komplexe Spezialistentätigkeiten (Spezialisten). Eine Differenzierung nach Meister-, Techniker oder Hochschulausbildung ist nicht möglich. Siehe auch Hinweise zu statistischen Angaben.
3 Die Qualität der Kennziffer hängt unter anderem davon ab, mit welchem zeitlichen Vorlauf Arbeitgeber Stellenangebote melden und wie schnell sie die Arbeitsvermittlung über die erfolgreiche Besetzung freier Stellen informieren. Engpässe lassen sich nicht an einem einzelnen Indikator ablesen. Vielmehr ist zu empfehlen, dass ein Set an Indikatoren herangezogen wird (vgl. BA-Fachkräfteengpassanalyse).
4 Berufsgattungen (Fünfsteller) der KldB 2010 mit Anforderungsniveau 4 - Experte
5 statistik.arbeitsagentur.de > Themen im Fokus > Fachkräftebedarf
Stand: Juni 2024
1.9 Akademischer Nachwuchs
PDF-Datei (PDF, 192KB)
Wie viele Jungakademikerinnen und -akademiker zukünftig dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen werden, wird beeinflusst durch die demografische Entwicklung, die Studierneigung junger Menschen, Ausmaß und Struktur von Zu- und Abwanderung oder auch Reformen des Bildungssystems.
Demografisch bedingt geht mittelfristig die Zahl junger Menschen, die potentiell studieren können, zurück. Dies dürfte aber durch die gestiegene Studierneigung oder durch Zuwanderung ausgeglichen werden. Die BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufsfeldprojektionen1 rechnen damit, dass bis 2040 wesentlich mehr Akademikerinnen und Akademiker ins Erwerbsleben eintreten als ausscheiden. Der Nachwuchs an akademischen Arbeitskräften wird voraussichtlich insgesamt den Ersatzbedarf übersteigen. Da jedoch der wirtschaftliche Strukturwandel zusammen mit der fortschreitenden Digitalisierung einen steigenden Bedarf an akademisch gebildeten Arbeitskräften mit sich bringen dürfte, könnten die Hochschulabsolventinnen und -absolventen der nächsten Jahre auf dem Arbeitsmarkt auch nachgefragt werden. Längerfristig bleibt allerdings laut BIBB und IAB offen, ob alle Hochschulabsolventinnen und -absolventen eine ihrer Qualifikation entsprechende Beschäftigung werden finden können. Arbeitskräfteengpässe könnten sich dagegen vor allem in IT-Berufen sowie in Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufen ergeben.
Studierendenzahl bleibt auf sehr hohem Niveau
Insgesamt waren im Wintersemester 2023/24 rund 2,9 Millionen Studierende immatrikuliert.2 Das waren 2 Prozent weniger als im Vorjahr, aber 10 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor. Damit bleibt die Studierendenzahl auf einem sehr hohen Niveau.
Studienanfängerzahl nimmt zu
Nach Phasen der Stagnation in den 1990er Jahren und von 2004 bis 2006 erlebten die Studienanfängerzahlen von 2007 bis zum Allzeithoch im Studienjahr 2011/12 einen rasanten Aufwärtstrend. 2011/12 gab es – bedingt vor allem durch die Aussetzung der Wehrpflicht und doppelte Abiturjahrgänge – mit 519.000 die meisten Studienanfängerinnen und Studienanfänger (Abbildung 1.9 – 1). Bis zur Corona-Pandemie bewegten sich die Einschreibungszahlen stabil auf sehr hohem Niveau. In den zwei Corona-Jahren 2020 und 2021 waren merkliche Rückgänge zu verzeichnen.
Im Studienjahr 2023/24 nahmen nach vorläufigen Angaben 479.000 Personen, davon 52 Prozent Frauen, ein Studium in Deutschland auf. Das war ein Prozent mehr als im Vorjahr. Damit ist die Erstsemesterzahl zum zweiten Mal in Folge gestiegen. Sie bleibt aber unter dem Wert von 2019 vor der Corona-Pandemie, als 509.000 Personen ein Studium begonnen hatten.
Für 2022 ergibt sich eine Studienanfängerquote von 40 Prozent, das heißt 2 von 5 Menschen im relevanten Alter haben ein Studium begonnen. An dieser Kennzahl lässt sich die Bildungsexpansion der letzten zwei Jahrzehnte ablesen: 2005 begannen lediglich 30 Prozent ein Studium.
Werden in diese Betrachtung auch Personen einbezogen, die im Ausland ihre Hochschulzugangsberechtigung erworben haben und dann in Deutschland ein Studium aufnahmen, errechnet sich 2022 sogar eine Quote von 52 Prozent an der gleichaltrigen Bevölkerung.
Abbildung 1.9 - 1
Studienanfänger- und Absolventenzahl auf hohem Niveau
Studierende im 1. Hochschulsemester, ab 2024 Vorausberechnung der Kultusministerkonferenz sowie bestandene Prüfungen (ohne weiterstudierende Bachelor)
Deutschland, 1993 bis 2030
Auch in den nächsten Jahren viele Erstsemester
Die Kultusministerkonferenz geht in ihrer 2021 veröffentlichten Vorausberechnung der Studienanfängerzahlen bis 2030 von relativ stabilen Neueinschreibungszahlen aus.3 Abgesehen von den Jahren 2025 bis 2027, in denen in einigen Ländern die Rückkehr zum neunjährigen Abitur zum Tragen kommt, erwartet sie jeweils Neueinschreibungen zwischen 480.000 bis 490.000. Für das letzte Jahr der Vorausschau 2030 werden 490.000 Studienanfängerinnen und -anfänger errechnet. Die KMK weist darauf hin, dass durch die Akademisierung weiterer Berufsfelder wie beispielsweise der Gesundheits- und Pflegeberufe die Studierendenzahlen über diesen Angaben liegen könnten. Auch Trends wie die Digitalisierung oder lebenslanges Lernen könnten die Bedeutung der akademischen Bildung weiter steigern.
Viele akademische Nachwuchskräfte
2022 wurden rund 506.000 erfolgreiche Hochschulprüfungen abgelegt. Das war ein Rückgang von 2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 2021 hatte es ein starkes Plus von 9 Prozent gegeben, was zumindest zum Teil ein Nachholeffekt gewesen sein dürfte, weil 2020 coronabedingt viele Prüfungen verschoben worden sind. Ausgenommen 2020 und jetzt 2022 hatte seit Anfang des Jahrtausends die Zahl der ausgewiesenen Hochschulprüfungen kontinuierlich zugenommen. Gegenüber 2013 ist sie um 16 Prozent höher.
Jede zweite Prüfung führt zunächst zu einem Bachelorabschluss.4 Nur ein Teil startet mit diesem in das Berufsleben, etwa die Hälfte beginnt ein Masterstudium oder ein anderes Studium. An den Universitäten gehen 70 Prozent in ein weiteres Studium, an den Fachhochschulen ist es jeder Dritte.5
Deshalb ist die Zahl der akademischen Berufseinsteiger deutlich kleiner als die Prüfungszahl vermuten lässt und es ist sinnvoll, die Angaben ohne die weiter studierenden Bachelor zu betrachten: Die dem Arbeitsmarkt neu zur Verfügung stehende Absolventenzahl dürfte 2022, so berechnet, rund 355.000 betragen haben. Das waren 15 Prozent mehr als 2013 (Abbildung 1.9 - 1).
Vor dem Hintergrund bis 2019 konstant hoher und danach etwas geringerer Studienanfängerzahlen ist zu erwarten, dass die Zahl der Absolventinnen und Absolventen in den nächsten Jahren leicht zurückgehen könnte.
Langfristige Zuwächse vor allem in den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Um einzuschätzen, wie viele Absolventinnen und Absolventen in den einzelnen Fächergruppen dem Arbeitsmarkt jeweils neu zur Verfügung standen, sind bei den nachfolgend betrachteten Prüfungszahlen die Bachelorprüfungen rechnerisch herausgenommen, bei denen sich ein Masterstudium anschließt.
Mit einem Anteil von 40 Prozent haben die meisten Nachwuchsakademikerinnen und
-akademiker 2022 ein Studium der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften abgeschlossen. Im Vergleich zum Jahr 1993 hat sich ihre Zahl auf 141.000 mehr als verdoppelt. Gegenüber dem Vorjahr gab es ein Minus von 2 Prozent (Abbildung 1.9 – 2).
Abbildung 1.9 - 2
In den letzten 30 Jahren starke Zunahme der Absolventenzahlen in allen Fachrichtungen - zuletzt überwiegend leichte Rückgänge
Bestandene Prüfungen ohne weiterstudierende Bachelor
Veränderung zum Vorjahr bzw. zu 1993 in Klammern
Knapp jede vierte Absolventin bzw. jeder vierte Absolvent hatte ein ingenieurwissenschaftliches Fach oder Informatik studiert. Mit 85.000 Nachwuchs-Technikerinnen und -Technikern waren dies um die Hälfte mehr als 1993. Der vor einiger Zeit sehr viel diskutierte Ingenieurmangel resultierte in erster Linie aus dem Einbruch der Absolventenzahlen in den Jahren ab 1997. Seit 2003 hat die Zahl der Berufseinsteigerinnen und -einsteiger zugenommen und erreichte 2019 den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung. In Folge der Coronakrise war 2020 ein Rückgang von 7 Prozent zu verzeichnen. Die Zunahmen 2021 und 2022 haben diese fast vollständig wieder ausgeglichen.
40.000 Absolventinnen und Absolventen der Mathematik und der Naturwissenschaften standen 2022 dem Arbeitsmarkt neu zur Verfügung. Das entspricht einem Anteil von 11 Prozent aller akademischen Berufseinsteigerinnen und -einsteigern. Von 2004 bis 2021 haben die Nachwuchszahlen mit Unterbrechung durch die Corona-Krise 2020 kontinuierlich zugenommen. 2022 ist die Zahl gegenüber dem Vorjahr leicht gesunken. Im Vergleich zu 1993 gibt es einen Zuwachs um gut die Hälfte zu vermelden.
Mit ebenfalls 40.000 legten 2022 weitere 11 Prozent aller Berufsanfängerinnen und -anfänger eine Abschlussprüfung in den Geisteswissenschaften ab. Das Interesse an dieser Fächergruppe hat stark zugenommen – gegenüber 1993 hat sich ihre Zahl mehr als verdoppelt. 2022 ist ein Rückgang von 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen.
In der Fächergruppe Humanmedizin, Gesundheitswissenschaften fällt die Entwicklung über die Jahre vergleichsweise bescheiden aus. Dabei spielt die Steuerung über Zulassungsbeschränkungen in der Medizin eine große Rolle. Das langfristige Plus von 41 Prozent geht weit überwiegend auf das Konto der Gesundheitswissenschaften, während die Prüfungszahlen in der Humanmedizin lange Zeit stagnierten oder sogar zurückgingen. Zuletzt war aber auch hier ein Plus zu beobachten.
Bachelor und Master sind zum Regelabschluss geworden
Peu à peu haben Bachelor und Master die traditionellen akademischen Abschlüsse überholt. Im Wintersemester 2023/24 führten 92 Prozent aller Studiengänge zu einem Bachelor- oder Masterabschluss. An Fachhochschulen liegt die Quote sogar bei 99 Prozent, an Universitäten bei 89 Prozent.6 Die meisten der nicht umgestellten Studiengänge sind solche, die mit Staatsexamen abschließen oder im Zuständigkeitsbereich der Kirchen liegen. Eine Umstellung ist nicht geplant.
86 Prozent der Studienanfängerinnen und -anfänger strebten im Wintersemester 2022/23 einen Bachelor- oder Masterabschluss an, während 2 Prozent einen „klassischen“ Lehramtsabschluss zum Ziel hatten, 10 Prozent ein Staatsexamen oder einen sonstigen universitären Abschluss und 2 Prozent eine Promotion.7 Auch bei den Studierenden und den Prüfungen sind mittlerweile mehr als vier von fünf einem gestuften Studiengang zuzuordnen. Dabei entfiel gut die Hälfte der Prüfungen auf Bachelor- und ein knappes Drittel auf Masterabschlüsse. (Abbildung 1.9 – 3).
Abbildung 1.9 - 3
Bachelor und Master haben sich zum Regelabschluss entwickelt
Anteile Bachelor und Master an allen Studierenden / bestandenen Prüfungen
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1 Quelle: BIBB Report 3/2022.
2 Quelle: Statistisches Bundesamt; vorläufige Ergebnisse.
3 KMK: Vorausberechnung der Studienanfängerzahlen 2021-2030 vom November 2021.
4 Einschließlich Lehrämter.
5 Quelle: Statistisches Bundesamt Studienverlaufsstatistik 2022
6Quelle: Hochschulrektorenkonferenz: Statistiken zur Hochschulpolitik 1/2023
7 Studienanfänger - Studierende im 1. Fachsemester. Die Zahl der Bachelor- und Masterprüfungen schließt jeweils auch Lehramtsstudierende mit Bachelor- oder Masterprüfung ein.
Stand: März 2024
1.10 Berufseinstieg mit Bachelorabschluss
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Bachelor und Master sind am Arbeitsmarkt angekommen. Laut Mikrozensus verfügten 2023 rund 4,3 Millionen Erwerbstätige über einen Bologna-Abschluss. Davon hatten knapp 2,5 Millionen einen Bachelorabschluss und knapp 1,9 Millionen einen Master.
Eine umfassende Befragung des Absolventenjahrganges 2013 schätzt die Arbeitsmarktakzeptanz im Großen und Ganzen positiv ein.1 Gleichwohl zeigen sich auch Schwierigkeiten beim Berufseinstieg, die vor allem bei Uni-Absolventinnen und Absolventen mit Bachelorabschluss häufiger zu Tage treten.
Die Mehrheit der Uni-Bachelor schließt ein Masterstudium an
Vor allem den Studierenden an einer Universität reicht ein Bachelorabschluss nicht aus. Der weit überwiegende Teil startet nach der Bachelorprüfung nicht in das Berufsleben, sondern schreibt sich in einen Masterstudiengang ein. Vier von fünf Uni-Absolvent/-innen haben in den eineinhalb Jahren nach ihrem Bachelorabschluss ein Masterstudium begonnen; bei den Fachhochschulabsolventen war es knapp jeder Zweite (Abbildung 1.10 – 1). Besonders hoch ist der Anteil der Weiterstudierenden in den Ingenieurwissenschaften, den Naturwissenschaften und den Lehrämtern. Darüber hinaus plant jeder fünfte Fachhochschulbachelor zu einem späteren Zeitpunkt den Master nachzuholen; bei Uni-Bachelor beträgt dieser Anteil 8 Prozent.
Für die Hälfte der Studierenden an einer Universität stand bereits vor dem Bachelorstudium fest, anschließend ein Masterstudium aufzunehmen. Lediglich 9 Prozent haben sich erst nach dem Abschluss für ein Weiterstudieren entschieden. An den Fachhochschulen wurde die Entscheidung für ein Masterstudium mehrheitlich erst während des Studiums (56 Prozent) oder nach dem Studium (30 Prozent) getroffen.
Im positiven Fall können diese „späten“ Entscheidungen dafür stehen, dass sich bei den Ba-chelorstudierenden das fachliche Interesse im Laufe des Studiums erhöht hat und der Wunsch nach Vertiefung entstanden ist. Im negativen Fall kann die Entscheidung für ein Masterstudium Ausdruck von Problemen sein, mit dem Bachelorabschluss eine passende Arbeitsstelle zu finden. Tatsächlich begründeten Fachhochschulabsolvent/-innen, die sich erst nach dem Bachelorabschluss für ein Weiterstudieren entschieden haben, ihre Entscheidung häufiger damit, dass es ein zu geringes Stellenangebot gäbe und dass Unternehmen häufig Berufserfahrung, Spezialkenntnisse oder einen anderen Abschluss fordern.
Abbildung 1.10 - 1
Die meisten Universitätsbachelor studieren weiter im Gegensatz zu Fachhochschulbachelor
Verbleib von Bachelorabsolvent/-innen eineinhalb Jahre nach
Studienabschluss, Anteile in Prozent
Arbeitslosigkeit spielt beim Berufseinstieg kaum eine Rolle
Spiegelbildlich zu den unterschiedlichen Übergangsquoten in ein Masterstudium ergibt sich bei den Fachhochschulbachelor eine mit 65 Prozent relativ hohe Erwerbstätigenquote. Von den Universitätsbachelor wird dagegen nur ein kleiner Teil im Zeitraum von anderthalb Jahren nach dem Bachelorabschluss erwerbstätig (25 Prozent).2
Positiv festzuhalten ist, dass Praktika und Übergangstätigkeiten wie Jobben oder Honorartätig-keiten beim Berufseinstieg kaum eine Rolle spielen. Auch Arbeitslosigkeit tritt nur selten auf. Die Arbeitslosenquote lag für Fachhochschulabsolventen bei 3 Prozent, für Uni-Absolventen sogar bei nur 2 Prozent. 3 Allerdings bestätigen sich die größeren Schwierigkeiten der Sprach- und Kul-turwissenschaftler/-innen beim Berufseinstieg, die von den klassischen Abschlüssen her bekannt sind.
Der Anteil Arbeitsloser lag hier mit 7 Prozent (Fachhochschulen) und 5 Prozent (Uni) über dem Durchschnitt. Auch Übergangstätigkeiten, Praktika und Volontariate nahmen in diesem Berufs-feld einen größeren Raum ein (FH 13 Prozent, Uni 14 Prozent).
Fachhochschulbachelor häufiger in adäquater Beschäftigung
Als Qualitätskriterien der Erwerbstätigkeit können Aussagen zur Adäquanz der Beschäftigung, zum Einkommen und zur individuellen Gesamtzufriedenheit herangezogen werden.
Die Mehrheit der erwerbstätigen Bachelor übt ca. eineinhalb Jahre nach dem Studium eine Tätig-keit aus, deren Anforderungen einem Hochschulabschluss entsprechen (Abbildung 1.10 – 2). Dabei sind Fachhochschulbachelor mit 80 Prozent häufiger adäquat beschäftigt als Universi-tätsbachelor mit 69 Prozent. Dieser große Unterschied hängt auch mit dem unterschiedlichen Fächermix von Universitäten und Fachhochschulen zusammen. Nach Fachrichtungen betrachtet schnitten die Geisteswissenschaften am schlechtesten ab. Hier gingen 32 Prozent einer Arbeit nach, die keinen Hochschulabschluss erforderte. Auch in den Wirtschaftswissenschaften ist rund jeder Vierte unterwertig beschäftigt. Die besten Ergebnisse waren für Ingenieurabsolvent/-innen der Fachhochschulen zu verzeichnen.
Abbildung 1.10 - 2
Die Mehrzahl der Bachelor übt eine adäquate Tätigkeit aus
Einschätzung des Adäquanzniveaus der aktuellen Tätigkeit, Anteile in Prozent
Bachelorabsolvent/-innen ca. eineinhalb jahre nach dem Abschluss
Einstiegsgehälter bei Fachhochschulbachelor höher
Das durchschnittliche Vollzeit-Jahresgehalt belief sich ca. eineinhalb Jahre nach dem Universitätsstudium auf 33.200 Euro. Das Einkommen von Fachhochschulbachelor fiel mit 39.100 Euro höher aus. Diese Abstufungen zwischen den Verdiensten zeigen sich in allen Fachrichtungen. Zu den besseren Verdienstaussichten von Fachhochschulabsolvent/-innen trägt bei, dass überproportional viele bereits mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung in ihr Studium gestartet sind. Sie verfügten somit über Berufserfahrung und waren älter als ihre Kommilitonen von Universitäten. Unabhängig davon überrascht es nicht, dass die Ingenieurwissenschaften die höchsten Einstiegsgehälter erzielen und Geisteswissenschaften die geringsten.
Hohe Berufszufriedenheit in den Ingenieurwissenschaften
Fachhochschulbachelor waren eineinhalb Jahre nach dem Studium etwas häufiger (sehr) zufrieden mit ihrer beruflichen Situation als Hochschulbachelor (59 Prozent versus 52 Prozent). Ausdrücklich unzufrieden war bei beiden Hochschularten nur eine Minderheit von 15 bzw. 14 Prozent. Hohe Unzufriedenheitswerte gab es in den Geisteswissenschaften und den Sozial- und Politikwissenschaften, wo jeder vierte bis fünfte wenig bzw. überhaupt nicht zufrieden war. Insbesondere im Hinblick auf Einkommen und Aufstiegsmöglichkeiten herrschte hier Unzufriedenheit. Deutlich höhere Zufriedenheitswerte wurden dagegen in den Ingenieurwissenschaften registriert, gefolgt von den Wirtschaftswissenschaften und Lehrämtern.
Vielfältige Einsatzbereiche in Technik und Wirtschaftswissenschaften
Die Unternehmen in Deutschland sehen für Bachelorabsolvent/-innen eine weite Palette von Einsatzfeldern vor. Ingenieure werden am häufigsten in der Konstruktion, in Forschung und Entwicklung oder in Marketing und Vertrieb eingesetzt.4 Es folgen Produktion, Beratung, Schulung und Kundendienst sowie Montage und fertigungsnahe Dienste (Abbildung 1.10 - 3). Es gibt allerdings auch Restriktionen. So zeigen sich Arbeitgeber zurückhaltend gegenüber Bachelorabsolventen, wenn es um forschungsintensive Aufgaben geht oder vertiefte Spezialkenntnisse gefordert sind.5
Abbildung 1.10 - 3
Einsatzbereiche für Bachelor (Technik)
Anteile der Unternehmen, die Bachelor in diesen Bereichen einsetzen
Vier von fünf Unternehmen, die Wirtschaftswissenschaftler mit Bachelorabschluss eingestellt haben, nennen Rechnungswesen, Controlling und Marketing, Marktforschung und Vertrieb als wichtigste Einsatzbereiche. Wirtschaftswissenschaftler/-innen arbeiten häufig auch in betriebs- und volkswirtschaftlichen Abteilungen, im Personalwesen, im Finanzmanagement, Einkauf, Öffentlichkeitsarbeit oder in der Assistenz der Geschäftsleitung (Abbildung 1.10 - 4).
Abbildung 1.10 - 4
Einsatzbereich für Bachelor (Wirtschaftswissenschaften)
Anteile der Unternehmen, die Bachelor in diesen Bereichen einsetzen
Projektaufgaben und Sachbearbeitung als Einstieg
In der Regel werden die Berufseinsteigerinnen und -einsteiger mit der eigenständigen Bearbeitung einer Projektaufgabe betraut oder sie arbeiten in der Sachbearbeitung nach Anweisung. Die Mehrheit der Unternehmen, die derzeit Bachelor beschäftigen, sehen hierin Einstiegspositionen. Nicht selten bekommen Bachelor auch die Gesamtverantwortung für ein Projekt ohne Personalführung übertragen (in 43 Prozent der Unternehmen), selten dagegen mit Personalverantwortung (14 Prozent). Für Berufseinsteigerinnen und -einsteiger mit Masterabschluss werden diese Positionen zwar etwas häufiger vorgesehen (54 bzw. 22 Prozent); insgesamt sind jedoch Aufgaben mit hoher Verantwortung die Ausnahme für Berufsanfänger/-innen, egal, welchen Abschluss sie haben.
Karriere ist mit dem Bachelorabschluss möglich, aber es gibt auch Restriktionen
Auch mit dem Bachelorabschluss kann man Karriere machen. So gibt es in zwei von drei Unternehmen, die Bachelor beschäftigen, bereits welche, die als Abteilungsleiter/-innen arbeiten. In mehr als vier von fünf Betrieben haben Bachelorabsolvent/-innen die Position der Projektleitung erreicht. Allerdings gibt es durchaus Karrierepositionen, die Bachelorabsolventen verschlossen bleiben. So gibt es in jedem fünften Unternehmen, das mehr als 250 Beschäftigte hat, Aufgaben, für die ein höherer Studienabschluss erwartet wird. Oft betrifft das oberste Führungskräfte wie Vorstand oder Geschäftsführung, manchmal aber auch das mittlere Management. Auch wissenschaftsnahe oder sehr spezialisierte Fach- und Leitungsaufgaben können Bewerber/-innen mit Masterabschluss oder Promotion vorbehalten sein.
Leistungsmotivation ist entscheidend
Wenn es um die Auswahl für höhere Fach- und Führungspositionen geht, spielt die Art des Abschlusses zwar eine Rolle, aber nicht die größte: Für knapp jedes vierte Unternehmen ist ein Masterabschluss sehr wichtig oder eher wichtig, während für ähnlich viele Unternehmen die Abschlussart völlig unwichtig ist. Die Hälfte der Betriebe schätzt die Art des Abschlusses und des besuchten Hochschultyps als eher unwichtig ein. Viel zentraler für einen beruflichen Aufstieg sind Leistungsmotivation, die Identifikation mit den Zielen des Unternehmens und die Kommunikationsfähigkeit. Andere motivieren zu können und führen zu wollen, ist ebenfalls entscheidend für einen beruflichen Aufstieg; ebenso wie Bewährung im Unternehmen und Bereitschaft zur Weiterbildung (Abbildung 1.10 – 5).
Abbildung 1.10 - 5
Formaler Abschluss eher zweitrangig für die Karriere- Leistungsmotivation der Identifikation sind wichtiger
Auswahlkriterien für höhere Fach- und Führungspositionen, Anteile in Prozent
Fazit: Bachelor als neuer Abschluss akzeptiert
Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse: Die pauschale Befürchtung, der Bachelorabschluss vermittle keine Berufsbefähigung, ist unbegründet. Viele Unternehmen beschäftigen Bachelorabsolvent/-innen und auch ein beruflicher Aufstieg ist möglich. Beim Berufseinstieg und den Beschäftigungschancen zeigt sich allerdings eine ähnliche Abstufung der Fachrichtungen wie bei den herkömmlichen Abschlussarten: In den MINT-Fächern gibt es überdurchschnittlich gute Chancen, in den Sprach-, Kultur- und Geisteswissenschaften ist es schwieriger, denn hier sind einschlägige Arbeitsplätze rar. Im Vergleich der Hochschularten gelingt der Berufsstart den Fachhochschulbachelor besser als den Bachelor von Universitäten.
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1 DZHW: Forum Hochschule 1/2016.
2 Aufgrund des relativ langen Befragungszeitraumes von etwa eineinhalb Jahren und nicht immer fließender Übergänge zwischen Studium und Erwerbstätigkeit ergeben sich durch Mehrfachnennungen Anteile von erwerbstätig gewordenen Absolventen und Masterstudierenden von zusammen über 100 Prozent.
3 Die Angaben in diesem Absatz beziehen sich auf die Befragung des Absolventenjahrgangs 2009, da für den Absolventenjahrgang 2013 keine entsprechenden Angaben veröffentlicht sind. Quelle: HIS: Forum Hochschule 17/2011.
4 Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft:, Institut der deutschen Wirtschaft Köln: Karrierewege für Bachelorabsolventen, Essen 2015. Die Befragung richtet sich nur an Absolventen der Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften.
5 Qualitative Interviews mit Großunternehmen in: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, Hochschulinformationssystem (HIS), Institut der deutschen Wirtschaft Köln: Mit dem Bachelor in den Beruf – Arbeitsmarktbefähigung und -akzeptanz von Bachelorstudierenden und -absolventen, Essen 2011.
Stand: Mai 2024
1.11 Berufseinstieg mit Masterabschluss
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Nach drei bis vier Monaten sind die meisten erwerbstätig
Mit 88 Prozent übte die Mehrzahl der Masterabsolventinnen und -absolventen des Absolventenjahrgangs 2013 eineinhalb Jahre nach dem Studium eine Erwerbstätigkeit aus. An den Fachhochschulen, an denen die Promotion seltener ist, waren es sogar 95 Prozent.
Rund drei bis vier Monate haben die Master durchschnittlich nach einer Stelle gesucht. Am kürzesten war die Suchzeit bei Absolventinnen und Absolventen der Informatik sowie von Architektur und Bauingenieurwesen. Mit bis zu sechs Monaten dauerte dagegen die Suche in den Sozial- und Politikwissenschaften, in den Geisteswissenschaften, in Psychologie, Pädagogik oder auch bei Wirtschaftswissenschaftlern von Fachhochschulen etwas länger.
Mehrheit ist adäquat beschäftigt
Mit Blick auf die Adäquanz der ausgeübten Tätigkeit hat sich der Masterabschluss vor allem für Universitätsabsolventinnen und -absolventen gelohnt. Gaben noch lediglich 69 Prozent der Uni-Bachelor an, eine Tätigkeit auszuüben, für die ein Hochschulabschluss notwendig war, stieg dieser Anteil bei den Uni-Masterabsolventinnen und -absolventen auf 94 Prozent. Allerdings waren darunter 8 Prozent, für deren Aufgabenwahrnehmung auch ein Bachelorabschluss ausgereicht hätte (Abbildung 1.11 – 1). Nur für die Tätigkeit von 5 Prozent der Uni-Master wäre ein Hochschulabschluss vollständig entbehrlich gewesen. Auch bei den Masterabsolventinnen und -absolventen von Fachhochschulen übte mit 92 Prozent der Großteil eine Tätigkeit aus, die einen Hochschulabschluss erforderte. Aber 21 Prozent hätten ihre Stelle auch mit Bachelorabschluss erhalten, so dass sich nur 71 Prozent als abschlussadäquat beschäftigt sahen.
Uni-Master bringt deutlichen Gehaltsgewinn gegenüber dem Uni-Bachelor
Das durchschnittliche Jahreseinkommen von vollzeiterwerbstätigen Masterabsolvent/-innen von Universitäten übersteigt mit 43.600 Euro das ihrer Uni-Kommiliton/-innen mit Bachelorabschluss (33.200 Euro) deutlich. Der Gehaltsunterschied zwischen Bachelor (39.100 Euro) und Master an Fachhochschulen (44.100 Euro) fällt bei Weitem nicht so groß aus. Aus der Einkommensperspektive zahlt sich also offensichtlich vor allem für Studierende an einer Universität ein Masterstudium aus, während Absolvent/innen von Fachhochschulen bereits mit Bachelorabschluss vergleichsweise viel verdienen und der Master nur noch einen kleineren Gehaltszuwachs bringt. Letzten Endes sind aber die Einkommensunterschiede zwischen Uni-Master und FH-Master geringfügig.
Hinsichtlich der Fachrichtungen ergibt sich die gleiche Abstufung wie bei den Bachelorstudiengängen. Die höchsten Einkommen werden in den Ingenieurwissenschaften erzielt, gefolgt von der Informatik und den Wirtschaftswissenschaften.
Merklich geringer sind die Gehälter dagegen in den Geistes- sowie Sozial- und Politikwissenschaften.
Abbildung 1.11 - 1
Mehrheit der Master abschlussadäquat beschäftigt, für jeden fünften FH-Master hätte aber ein Bachelor genügt
Einschätzung des Adäquanzniveaus der aktuellen Tätigkeit, Anteile in Prozent
Masterabsolvent/-innen ca. eineinhalb Jahre nach dem Abschluss
Master häufiger zufrieden als Bachelor
Bei den Masterabsolvent/-innen ist der Anteil derjenigen, die mit ihrer beruflichen Situation zufrieden sind, bei beiden Hochschularten höher als bei den Bachelorabsolventen. Lediglich
11 bzw. 13 Prozent zeigen sich explizit unzufrieden (Abbildung 1.11 – 2). Die meisten negativen Einschätzungen gibt es in den Sozial- und Politikwissenschaften, gefolgt von den Geisteswissenschaften und der Psychologie und Pädagogik. Die Bewertungen dieser seit jeher für ihre schwierigere Marktposition bekannten Studienfächer führen dazu, dass der Anteil der zufriedenen Masterabsolventen von Universitäten insgesamt geringer ausfällt als an Fachhochschulen. Vergleicht man aber die großen Fächergruppen Ingenieurwesen, Wirtschaftswissenschaften und Informatik miteinander, die an beiden Hochschularten gelehrt werden, bewerten die Universitätsmaster ihre Situation häufiger positiv als Fachhochschulmaster.
Abbildung 1.11 - 2
Master häufiger zufrieden als Bachelor
Zufriedenheit mit der beruflichen Situation, Anteile in Prozent
Absolvent/-innen ca. eineinhalb Jahre nach dem Abschluss
Master gut positioniert, aber Unterschiede nach Studienfächern
Insgesamt bestätigt die Befragung, dass der Master als neue Abschlussart gut positioniert ist. Ein wenig verhaltener scheint sich die berufliche Situation dabei für die Masterabsolvent/-innen von Fachhochschulen darzustellen. Hier fallen die Vorteile gegenüber dem FH-Bachelorabschluss nicht so deutlich aus wie bei den Absolvent/-innen von Universitäten. Das liegt aber auch daran, weil der FH-Bachelor am Arbeitsmarkt besser platziert ist als der Uni-Bachelor. Im Vergleich der Hochschularten schneidet der Universitätsmaster in Punkto Adäquanz der ausgeübten Tätigkeiten oder beruflicher Zufriedenheit etwas besser ab als der Master von Fachhochschulen.
Entscheidender als die Hochschulart ist für den beruflichen Erfolg und die Berufszufriedenheit nach wie vor das Studienfach. Ähnlich wie beim Bachelorabschluss oder auch beim traditionellen Diplomabschluss fällt es Absolvent/-innen der Informatik, der Ingenieur- oder Wirtschaftswissenschaften in der Regel deutlich leichter sich am Markt zu etablieren als den Absolventinnen und Absolventen der Geistes- oder Gesellschaftswissenschaften.
Stand: Juli 2022